Warum gute Kennzahlen mehr sind als bunte Dashboards
- johannesclaus
- 7. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
In vielen Unternehmen hängen an Wänden große Bildschirme mit aktuellen Zahlen – Ausbringung, Ausschuss, Liefertermine. Sie sehen beeindruckend aus und vermitteln das Gefühl von Kontrolle. Doch die Realität sieht oft anders aus: Die Kennzahlen werden zwar täglich aktualisiert, aber selten führen sie zu konkreten Handlungen. Das ist der klassische „Reporting-Reflex“: Wir messen, weil wir glauben, dass Messen allein schon zur Verbesserung führt.
Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Kennzahlen, die nicht mit klaren Reaktionen verknüpft sind, werden schnell zur reinen Dokumentation – hübsch anzusehen, aber wirkungslos.
Kennzahlen als Steuerungsinstrument
Gute Kennzahlen erfüllen drei wesentliche Kriterien:
Relevanz – Sie messen etwas, das für den Kunden oder die Produktion entscheidend ist.
Aktualität – Sie stehen zeitnah zur Verfügung, damit rechtzeitig reagiert werden kann.
Handlungsbezug – Eine Abweichung führt automatisch zu einer klar definierten Maßnahme.
Gerade in der Produktion bedeutet das: Kennzahlen müssen so gestaltet sein, dass sie von den Mitarbeitenden im Shopfloor gelesen und verstanden werden können. Sie dienen in erster Linie dazu, den Produktionsprozess zu steuern – nicht, um ein Management-Dashboard zu „füttern“. Die optische Aufbereitung für Führungsebenen kann zusätzlich sinnvoll sein, aber sie ersetzt nicht die klare, einfache Darstellung vor Ort, wo die Entscheidungen tatsächlich getroffen werden.
Praxisbeispiel
Ein Metallverarbeitungsbetrieb hatte jahrelang einen wöchentlichen Ausschussbericht erstellt. Die Zahlen waren detailliert – aber sie kamen zu spät, um Abweichungen noch zu korrigieren. Die Lösung war einfach: Statt nur zu berichten, wurde auf jeder Linie ein Ausschuss-Board eingeführt, das den aktuellen Wert pro Schicht anzeigte.
Die Regel: Wenn der Wert über einen bestimmten Grenzwert stieg, stoppte das Team den Prozess, suchte die Ursache und leitete Gegenmaßnahmen ein. Ergebnis: Die Ausschussquote sank messbar – nicht, weil die Zahl hübscher aufbereitet war, sondern weil sie konsequent mit Handlungen verknüpft wurde.
Kennzahlen im Lean-Umfeld
In Lean-orientierten Betrieben dienen Kennzahlen nicht nur zur Kontrolle, sondern als Frühwarnsystem und Verbesserungsindikator. Typische Beispiele in der Produktion sind:
OEE – Gesamtanlageneffektivität: Misst Verfügbarkeit, Leistung und Qualität einer Anlage.
First Pass Yield – Qualitätsrate beim ersten Durchlauf: Anteil fehlerfreier Produkte ohne Nacharbeit.
Durchlaufzeit – Produktionsgeschwindigkeit: Zeit vom Auftragseingang bis zur Fertigstellung.
Rüstzeit – Zeit bis Produktionsstart nach Umrüstung: Zeigt, wie effizient Produktwechsel ablaufen.
Termintreue – Lieferzuverlässigkeit: Anteil der Aufträge, die zum zugesagten Termin fertiggestellt werden.
Entscheidend ist, dass diese Werte direkt im Shopfloor erhoben, angezeigt und besprochen werden – nicht in einem Büro, Stunden oder Tage später. Nur so haben sie unmittelbare Wirkung und werden zum Steuerungsinstrument, statt zu einem reinen Statistikwert zu verkommen.
Fazit
Kennzahlen sind keine Zierde für Bildschirme, sondern Werkzeuge für Entscheidungen – vor allem dort, wo Wertschöpfung stattfindet. Sie entfalten ihre Wirkung erst, wenn sie so gestaltet sind, dass das Team im Shopfloor sie versteht, auf Abweichungen reagieren kann und daraus Verbesserungen ableitet.
Wer seine Kennzahlen konsequent an diesem Anspruch ausrichtet, macht aus Zahlen echte Steuerungshilfen. Der Effekt: weniger Überraschungen, stabilere Abläufe und Entscheidungen, die auf Fakten beruhen – nicht auf Bauchgefühl oder verspäteten Berichten.
Die entscheidende Frage lautet also: Unterstützen Ihre Kennzahlen wirklich die tägliche Arbeit Ihrer Produktion – oder schmücken sie nur ein Dashboard?

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